Magenbypass, Schlauchmagen – DIE Lösung?

WaageSie hat sich jetzt nach 10 Jahren „Kampf mit ihrem Gewicht“ dazu entschlossen, sich einer bariatrischen Intervention (βαρος: Schwere, Gewicht) zu unterziehen, sprich einem chirurgischen Eingriff um ihr Gewicht in den Griff zu bekommen, um ihre ungeliebten Pfunde „weg zu machen“.

So kommt die mir bekannte Patientin gestern bei mir vorbei (Sie war von 2007-2008 für ein paar wenige Beratungen bei mir), um sich bei mir eine Bescheinigung abzuholen, dass Sie

a.) bei mir war – sprich sie sich ja in der Vergangenheit bemüht hat, ihr Gewicht zu reduzieren und
b.) bescheinigt bekommt, dass sie leider „mit dieser konventionellen Beratung“ nicht erfolgreich war.

Erfolglos ist nach Leitlinien

Im Bereich Ernährung: Wer trotz kalorienreduzierter Ernährung nicht erfolgreich abnehmen konnte (Was hier nicht erwähnt wird, ist, dass a.) Es bei Adipositas gar nicht um Ernährungswissen geht und b.) wir für eine Ess- und ERnährungsanamnese, für eine genaue Ernährungsdiagnostik und Maßnahmen zur Verhaltensänderung genau 5 Einheiten a 45 Minuten bekommen! – so als ob es gelingen könnte in 3 Treffen Geige spielen zu lernen! c.) professionelle Ernährungsberatung nichts mit Wissensvermittlung und der Verordnung einer Diät zu tun hat und ich d.) in 28 Jahren Arbeit mit adipösen Menschen noch nie erlebt habe, dass eine rein körperliche und kognitive Betrachtung genügt hätte.

Im Bereich Lebensstil: Wer IN DER GRUPPE nicht seinen Lebensstil dauerhaft anpassen konnte. Lebensstilanpassungen sollen also in der Gruppe erfolgen? Ich habe noch nie eine Gruppe erlebt, in der offen über eine schwere Kindheit, Missbrauch, Auslöser für Fressattacken, sehr private Schwierigkeiten „im Lebensstil“ gesprochen wurde…- doch genau so ein Setting (Gruppenschulung – weil effizienter) soll durchgeführt werden!

Und genau WEIL Adipositas und deren Therapie noch immer so verstanden wird, suchen immer mehr Menschen „Hilfe“ durch die Adipositaschirurgie, egal wo auch immer die Gründe für ein massives Gewicht zu suchen sind, weil das ja die Krankenkasse bezahlt.
Auch bei mir sind nur wenig Patienten bereit, mehr als 3 Zeitstunden in professionelle Begleitung zu investieren….So bleiben die Hintergründe und Gründe von Ess-und Ernährungsverhalten, nicht veränderbaren Lebensstils und Adipositas meist im Dunkeln oder nur an der Oberfläche angekratzt….

Bei meiner obigen Patientin wären die Gründe wie folgt gewesen, doch jetzt soll es die Chirurgie richten:

> Sie leidet seit Jahren an einer schweren Psychose – immer wieder mit Einweisungen in die Psychiatrie und natürlich mit Einnahme von Psychopharmaka, die nachweislich massive Gewichtszunahmen und Fressatacken zur Folge haben.

> Sie hat keinerlei „Zugang“ zu ihren Gefühlen und futtert bei jeder Gelegenheit alles „in sich hinein“. Nicht bei den Mahlzeiten liegt ihr Haupt-Problem (sie isst gerne Gemüse wenn es jemand für sie kocht 🙂 und ihre Essensmengen hat sie weitestgehend im Griff – nur bei Süßem und in Heißhungerattacken kann sie nicht widerstehen. Ihre Probleme liegen also ganz eindeutig beim psychoemotional und psychosozial induzierten Essen. Wenn es ihr „nicht gut geht“ und es geht ihr meist nicht gut, weil ihr Job sie frustriert, sie keine Partnerin findet, sie keine Freunde hat und so gut wie keine Hobbys pflegt,  „frisst“ sie sich häufig durch ihre Vorräte….und wird trotzdem „nicht und nie satt“…

> Ihr Beruf und ihr fehlender Zugang auch zum Gefühl „Hunger“ (den spürt sie ja auch nicht, weil sie permanent am essen ist) verschärft die Problematik, weil sie keinen geregelten Tagesablauf hat und nur isst, wenn sie „mal Zeit dazu hat“- also erst abends, doch dann übermannt sie der Heißhunger.

> Sie hat sich mir vor Jahren als lesbisch anvertraut – ein Faktum, was sie in größte Schwierigkeiten in ihrer so „perfekten Familie“ und gläubigen Protestanten brachte. Sie ist das schwarze Schaf der Familie und die Leute „durften von all dem“ nichts erfahren.

> Sie „rebelliert“ noch immer gegen ihre Mutter (eine schlanke, hübsche Frau), die ein braves, hübsches, mit Bluse gekleidetes Töchterchen haben wollte und ihre Tochter wie sie ist, ablehnt. Ihr unbewusstes Motiv, sich an der Mutter zu rächen? „Du bist schuld, dass es mir so schlecht geht.“ Doch offenbar konnten ihr in diesen unbewussten Fress-Themen auch die zahlreichen Psychotherapien und Psychiatrieaufenthalte nicht helfen.

 

Sie glaubt fest daran, dass ihre Probleme sich damit lösen. „Wenn ich schlank bin, ist mein Leben schön“, „Wenn ich schlank bin geht es mir endlich gut“ , „Wenn ich schlank bin finde ich eine Freundin“, „wenn ich schlank bin habe ich Erfolg im Beruf“ – und ihre Ärzte schüren offenbar dieses Gefühl, denn sie ist ganz beseelt davon, „dass es bald soweit ist“.

Magenbypass und Schlauchmagen:

Während vor einigen Jahren „nur“ ein Magenband gelegt wurde, oder ein Magenballon eingesetzt wurde, hat sich in den letzten 8 Jahren die Adipositaschirurgie gewandelt. Die beiden wenig invasiven Methoden sind drastisch zurück gegangen, wohingegen sich Magenbypass und Schlauchmagen innerhalb weniger Jahren vervierfacht haben. Jährlich werden bei uns ca. 8500 dieser unumkehrbaren Eingriffe durchgeführt.

Ein Mensch wird künstlich verstümmelt und die wissenschaftliche Literatur ist voll von Studien, die die „körperlichen Erfolge“ rühmen. Doch was ist mit der Körper-Seele-Einheit Mensch? Doch zuvor einmal ein kleiner Blick dahin, WOZU solche Operationen gemacht werden:

ZIELE

Die entscheidenden Faktoren für die Durchführung einer solchen Operation sind:

die Verbesserung der gesundheitlichen Situation (Gewicht, Blutdruck, diabetische Stoffwechsellage, Dyslipidämien)

das sich dauerhaft ändernde Ess- und Ernährungsverhalten,

die Einhaltung eines gesunden Lebensstils.

und laut Leitlinien: Eine Verbesserung der Lebensqualität…

Ist das nicht interessant? Gesundung wird nur noch am Körper festgemacht?

Das was auf herkömmliche Art und Weise nicht erreicht werden kann, weil Mensch eben NICHT isst, wie er isst, ausschließlich aus Vernunftsgründen, wird durch eine künstliche Verstümmelung dazu gezwungen, sein Verhalten zu ändern und endlich zu tun, was doch alle für ihn für richtig erachten: Sein Verhalten zu ändern und einen gesunden Lebensstil pflegen….frei nach dem Motto: „Und bist du nicht willig so brauch ich Gewalt“, dann wird das schon….

Ist es nicht interessant?

Der Mensch, der aufgrund einer körperlichen Verstümmelung gar nicht mehr anders KANN als minimale Mengen zu essen und auf unverträgliches Essen zu verzichten, hat laut Medizin sein Ziel „Änderung des Essverhaltens“ erreicht?

Und ist es nicht interessant?

Ein Hochgefühl (ich nehme ab – toll!), sprich ein Honey-Moon Gefühl, sowie die Verbesserung von Laborwerten (mein Blutdruck ist normal, ich brauche kein Insulin mehr) gleichgesetzt werden mit „Verbesserung der Lebensqualität“? – Ist das so? Sind mit einer Normalisierung des Gewichts tatsächlich alle Probleme eines adipösen Menschen vom Tisch und seine Lebensqualität tatsächlich im GANZEN besser?

AUSWAHL der Patienten

Es besteht Konsens, dass sich viele Experten austauschen sollten, ob ein Patient geeignet sich, sich unters Messer zu begeben oder nicht. Doch wirklich ernsthaft befragt über einen meiner Patienten – meine Schweigepflicht aufzugeben und zu berichten über meine Erkenntnisse (das genaue Assessment, die genau Ernährungsdiagnostik, die genaue Evaluation) – nein, das ist in 28 Jahren noch nie vorgekommen.Es genügte stets zu bescheinigen, dass jemand DA war und wie häufig…- mehr wollte man gar nicht wissen….

Und wie wird die  „Vorauswahl von geeigneten Patienten“ getroffen, wenn Fachkräfte wie ich gar nicht gefragt werden? Es solle eine Bereitschaft zur Mitverantwortung seitens des Patienten bestehen……Natürlich sagt meine Patientin alles, was Ärzte dazu hören wollen, denn sie will ja auf jeden Fall die Operation. Natürlich redet sie sich diesen Schritt selbst schön, damit diese „Behandlung“ wie Adler sagt: „einem positiven Zweck dient“. Natürlich ist sie bereit „Mitverantwortung“ zu zeigen (was immer darunter verstanden werden will).
Doch kennt Sie auch die Risiken und Konsequenzen? Weiß Sie, was auf sie zukommt? Ist sie aufgeklärt darüber, wie ihr Leben danach aussieht?
Da habe ich das Gefühl, dass sie hier eher nicht hinschauen will und der behandelnde Arzt ihr alles andere als reinen Wein eingeschenkt hat…

Magen-Bypass

„Der Magenbypass ist aktuell der 2.häufigste Eingriff in Deutschland.
Beim Magenbypass wird der Magen wenige Zentimeter unterhalb des Mageneingangs abgetrennt. Es verbleibt ein kleiner Restmagen, „pouch“, der ca. 15 ml fasst und als Bremse für die zugeführte Nahrung dient. Auch der Dünndarm wird durchtrennt. Das eine Ende des Darmes wird an den kleinen Restmagen angeschlossen und das andere so umgeleitet, dass die Nahrung und Verdauungssäfte erst im mittleren Dünndarm vermengt werden und der obere, direkt an den Magen anschließende Dünndarm umgangen („engl. Bypass“) wird. Die Verdauungssäfte werden in den tieferen Darmabschnitten eingeleitet und somit kann erst hier die Verdauung durch die Aufspaltung der Nahrungsbestandteile beginnen. Die Folge ist, dass nicht alle Nahrungsbestandteile zerlegt werden können und somit nur ein Teil aufgenommen „resorbiert″ werden. Es stehen somit weniger Nahrungsbausteine dem Blut zur Verfügung. Die nicht verdaute Nahrung wird in den Dickdarm befördert. Es ist vorrangig ein malabsorptives Verfahren mit milder Restriktion.“ (Ärztezitat).
(malabsorptiv: die Aufnahme der Nährstoffe aus dem Darm ist herabgesetzt). In meiner Sprache heißt das eine künstlich hervorgerufene Verdauuungsproblematik, sprich der natürliche Verdauungsprozess wird verändert mit massiven Folgen:

Aufnahme der Kalorienträger wird vermindert (ist erwünscht)

Aufnahme von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen gestört

Insbesondere kann Vitamin B 12 nicht mehr über die normale Verdauungsleistung „resorbiert″ werden und die Gabe muss lebenslang per Injektion erfolgen.
In Einzelfällen gilt das auch für die Aufnahme von Eisen.  Auch die Gefahr von Osteoporose steigt. Die dauerhafte Einnahme eines Multivitaminpräparates ist täglich erforderlich.

Durch die wegfallende Funktion des Magens kann es zu einer massiven Fehlbesiedelung kommen. Die hochsensible Welt des Mikrobioms wird in ein Ungleichgewicht gebracht, was Konsequenzen hat, die noch nicht gänzlich erforscht sind. Doch schon heute weiß man, dass die Darmbakterien nicht nur körperliche Funktionen haben, sondern sich auch auf die Psyche auswirken.

Bestimmte Medikamente dürfen nicht mehr oral eingenommen werden, weil sie die Darmschleimhaut schädigen können. Andere sind in ihrer Wirksamkeit herabgesetzt, z.B. Hormone.

Je nach Nahrungszusammensetzung kann es zu Nebenwirkungen, wie Blähungen, übelriechenden Fettstühlen, Durchfällen und dem sogenannten „Dumping-Syndrom” mit Kreislaufabfall und blitzartiger Darmentleerung nach dem Verzehr sehr zuckerhaltiger Speisen und Getränke kommen.

Die bremsende Wirkung des „pouch″ kann im Lauf der Zeit verloren gehen und somit der gesamte Operationsnutzen.

Magenspiegelungen sind nicht mehr möglich und auch nicht das endoskopische Entfernen von Gallengangssteinen. (ERCP).

Zahlreiche Studien zeigen eine höhere Selbstmordrate nach den Operationen (zweifach erhöhtes Risiko)Nach den Operationen können psychische Erkrankungen wieder auftreten oder sogar neu auftreten.

Zuvor vorliegende Depressionen zeigen nach den Eingriffen in Studien keine Besserung der Symptomatik. Forscher fanden heraus, dass dies mit einer sich deutlich verringernden Selbstachtung und zunehmenden Veränderungen des Soziallebens einherging.

Von postoperativen Komplikationen wie Wundheilungsstörungen, Infektionen und Co. ganz einmal abgesehen…

und auch davon, dass nach der OP weitere chirurgische Eingriffe zur „Körperkonturierung und funktionellen Rekonstruierung“ notwendig werden – sprich massive Hautlappen entfernt werden müssen….Doch das sieht die Adipositaschirurgie nicht als zur Behandlung der Adipositas zugehörenden Problems an….und damit auch nicht zu anfallenden Folgekosten.

Doch trotz all dieser Risiken, steht in den Leitlinien sogar, dass die bariatrischen Interventionen sogar als „Primärtherapie“ durchgeführt werden kann, also auch OHNE vorher andere Maßnahmen ausgeschöpft zu haben….sprich chirurgische Verstümmelung wird per se als „Behandlungsmethode“ anerkannt.

 

Schlauchmagen

Die Verkleinerung des Magenvolumens erfolgt dadurch, dass 90% des großen gewölbten Magenteils entfernt werden. Der Magen hat danach die Form eines Schlauchs, dessen Füllungsvermögen bei ca. 85-100ml liegen.

Es ist ein unumkehrbares Verfahren. Ein Teil des Magens wird dauerhaft entfernt. Mangelernährungszustände sind vorübergehend möglich. Diese können durch die regelmäßige Teilnahme an den Nachsorgeterminen in der Ernährungsambulanz und der gezielten Ernährungsberatung erkannt und behoben werden – sprich wir Ernährungsfachkräfte mutieren damit zur „Reparaturdienstleistung“.

Auch hier kann es durch dauerhaftes Überessen zu einer erneuten Weitung des Magenschlauches kommen. Eine bereits vor der Operation bestehende Refluxerkrankung kann sich manchmal verschlechtern.

 

Kosten-Nutzen-Analyse

Solch eine Operation kostet 7.500 Euro und Ärzte werden nicht müde die Kostenersparnis einer solchen Methode vorzurechnen, schließlich würden ja Folgekosten gespart….

Nur – ist das nicht eine vollkommene Milchmädchenrechnung?

Zu uns kommen Menschen mit Adipositas gerade mal 3,5 Zeitstunden (Kostenrahmen, der von den Krankenkassen übernommen wird). Würden unsere Kosten dauerhaft von den Krankenkassen übernommen werden, so könnten wir mit diesem Geld unsere Patienten 10 Jahre effektiv begleiten.

Und was ist mit den seelischen Sorgen, Ängsten, Nöten meiner Patientin? Was mit den „Hintergründen“ des Essverhaltens, die sich doch nicht einfach in Luft auflösen, dass man sie künstlich unterbindet? Wer kümmert sich darum? Was kostet das?

Und danach?

Neulich ist mir eine weitere Patientin auf der Straße begegnet – auch Sie hat sich vor einigen Jahren für eine bariatrische Intervention entschieden, nachdem sie erfolglos an einem Gewichtsreduktionskurs teilgenommen hat und sich dann noch für 3 Stunden Ernährungstherapie bei mir entschied….

Ebenfalls erfolglos, denn in 3 Sitzungen können wir Ernährungsfachkräfte keine Wunder bewirken, gerade weil sich hinter Adipositas permagna immer ein schweres Schicksal verbirgt. Auch sie hat sich damals eine Bescheinigung abgeholt, dass es „nicht funktioniert“ hat.

Ja heute ist sie gewiss 30 kg leichter (die OP war also erfolgreich?), doch ihr Gang war noch immer der eines stark adipösen Menschen und ihre Seele? Ob sich jemand ihrer Geschichte angenommen hat? Ich weiß es nicht.
Damals wusste sie nicht, ob sie Frau bleiben wollte oder doch zum Mann werden will (sie trägt heute Bart, die Kleider sind dieselben – alles verdeckt und „geschlechtsneutral“) – Ob sie jemandem erzählt hat, wie und wodurch es zum Suizid ihres Bruders kam? Ob sie jemandem von ihren Missbräuchen erzählte? Ob ihre Ärzte wissen, wie und wozu sie Unmengen Essen in sich hineinstopfte, um überhaupt etwas zu spüren?

Als sie mich sah, hat sie die Straße gewechselt. Ich hatte den Eindruck, dass sie sich schämt…schämt, weil sie sich noch immer kein Stück näher gekommen ist – trotz verlorenem Gewicht und trotz dem verlassen ihrer weiblichen Hülle – und immernoch ein ganz zerbrechliches seelisches Wesen, das noch immer seinen Platz in dieser Welt sucht….

Und der Preis der extreme Gewichtsabnahme noch mit sich bringt? Die massiven Hautlappen am Bauch und an den Oberschenkeln, überall und trotz ihrer sackartigen Kleider dennoch sichtbar – Um wirklich schlank zu sein, muss sie sich noch zahlreiche Mal auf den Chirurgentisch legen, denn die Haut hängt wie ein zu groß gewordener Mantel an ihr. Wird sie ihn dann lieben können, ihrem Körper und in Selbstliebe leben – Begriffe, die sie ablehnte, so lange sie denken konnte, und wie sie mir, ihrer „Ernährungsberaterin“ beim letzten Gesrpäch unter Tränen anvertraute….

Ja – an dieser Stelle hätten wir weiterarbeiten können, hätten wir hinter die Kulissen ihres Gewichts und Selbstablehung, schauen können und versuchen können dass sie sich besser versteht; doch dazu kam es nicht. Die Kassen geben uns Ernährungsfachkräften ja nur eine Kostenübernahmezusicherung für 3.5 Zeitstunden….und auch in der Nachsorge, wenn es sie dann gibt, sollen wir ja nur eines tun: Durch Ernährungsaufklärung Fehl- und Mangelernährungszustände vermeiden.

 

An dieser Stelle und mit Blick auf alle Klienten, die jemals Unterstützung bei mir suchten, aber insgemein nur ein „Scheitern einer konventionellen Begleitung“ wollten, um „sich endlich operieren zu lassen“, sehe ich es mehr als fragwürdig, dass diese Menschen überhaupt einer bariatrischen Intervention unterzogen wurden, zumal in den aktuellen Leitlinien doch ausdrücklich steht, dass „beim Vorbestehen psychischer Erkrankungen Vorsicht geboten ist“.

Doch diese Bestrebungen wundern mich keineswegs, zumal es auf Seite 76ff der aktuellen Leitlinien ja eine ganz einfache „Checkliste für die Ernährungsberatung gibt“. Es scheint doch alles ganz einfach zu sein – mal schnell die notwendigen Empfehlungen abgeben – die Checkliste abarbeiten und schwups – verändert sich Verhalten dauerhaft….

Wie sagte aber Konrad Lorenz so treffend von mehr als 40 Jahren:

 

Gedacht heißt nicht immer gesagt,/ gesagt heißt nicht immer richtig gehört,/ gehört heißt nicht immer richtig verstanden,/ verstanden heißt nicht immer einverstanden,/ einverstanden heißt nicht immer angewendet,/ angewendet heißt noch lange nicht beibehalten.
Konrad Lorenz (1903-89), östr. Verhaltensforscher, 1973 Nobelpr.

Und an dieser Erkenntnis hat sich bis heute nichts geändert….nur bei der Adipositas soll das alles offenbar nicht stimmen…..und ein Schlauchmagen und ein Magenbypass ein probates Mittel zur „Behandlung“ sein.

 

Traditionsbäcker – mehr als nur Brot

BrotEs ist eine Wohltat. Du betrittst den kleinen Verkaufsraum der Dorfbäckerei Singer in Auggen und wirst begrüßt mit einem Lächeln, einem freundlichen „Guten Morgen Frau Mannhardt“, einem unsagbar guten Geruch nach frischem Brot und Backwaren, die alles andere sind als Massenware. Manchmal erinnert es mich an Italien, wenn ich die Bäckerei betrete. Da stehen gemütlich bekannte Gesichter, trinken ihren Kaffee, essen ein Gebäck und reden angeregt miteinander. Man erzählt sich aus dem alltäglichen Leben, man begrüßt einander und hält ein kurzes Schwätzchen, während die Wartezeit überbrückt wird. Ich liebe das Vollkornbrot besonders, das schon anhand des Gewichts zeigt: Ich bin echt und ohne Backhilfsmittel hergestellt.

Ja, es gibt sie noch diese wunderbaren, artisanalen Traditionsbäcker. Sie repräsentieren ein Stück vergangene Zeit, die es, so meine ich, zu bewahren gilt. Mich überkommt ein geborgenes, wohliges Gefühl dabei, ein Stück Stabilität und Sicherheit in dieser Welt, die sich für viele viel zu schnell zu drehen scheint und die Menschen darin mehr und mehr verunsichert zurücklässt.

 

Doch Viele bemerken es nicht. Neulich ließ mich eine mir bekannte Person ganz stolz ihr Lieblingsbrot kosten. Es sei nicht nur gut, sondern auch sehr billig. Es stammt von einem Discounter und der Stolz über dieses Brot war ihr ins Gesicht geschrieben, so ein „Schnäppchen“ gemacht zu haben und auch noch „das beste“ Brot zu essen. Konservierungsstoffe, Backtriebsmittel, Backhilfsmittel, Farbstoffe zum vorgaukeln von „Vollkorn“ und Co. interessierte sie nicht, die gesparten 0,30 Cent waren ihr Lohn. Lohnt sich diese Pfennigfuchserei wirklich? Hat sie tatsächlich diese 0,30 Cent im Geldbeutel und am Ende des Monats ein paar Euro übrig? Wofür? Um noch mehr zu sparen, noch mehr „Geiz ist geil“ an den Tag zu legen, noch mehr Traditionsbäckern den Garaus zu machen? Lohnt sich das wirklich?

Mir wurde erzählt, dass das offenbar das erklärte Ziel vieler Discounter zu sein scheint. Kürzlich wurde gegenüber einem Gemeindebäcker, dem ein Knebelvertrag vorgelegt wurde, auf den er sich nicht einlassen wollte gesagt: „Wenn ihr Bäcker nicht mitmacht, dann stellen wir eben einen Backautomaten auf. Wir kriegen Euch schon tot.“

Eine Freundin aus dem hohen Norden sagte mir kürzlich, dass im Umkreis von 25km keine einzige Bäckerei mehr zu finden sei und man überhaupt keine Chance mehr hat, wirklich echtes, frisches Brot zu bekommen, sondern nur noch aufgebackene Backlingsware. Doch nicht nur im ländlichen Raum wird es langsam kritisch, auch in der Stadt. Als ich kürzlich in Freiburg war und in einer kleinen Seitenstraße einen Traditionsbäcker sah und in die wohlige Stube eintrat und mit der Chefin sprach, da erzählte Sie mir unter Tränen, dass allein in ihrer Straße mittlerweile vier Aufbackstationen sind und ihr über 150 Jahre altes Geschäft noch imselben Monat für immer schließen wird. Allein in der Kaiser-Josef-Straße, der Haupteinkaufsstraße in Freiburg schlossen 11 Bäckereien ihre Türen. Wer in der Innenstadt echtes Brot und frische Brötchen möchte muss weit laufen und ganz genau wissen, wo er sie findet….

Für mich geht es im Bäckereien-Sterben um viel mehr, als um Geld oder Qualität von Brot oder der Diskussion von Nährstoffen oder eine perfekte Allergenkennzeichnung oder um eine reine Geschmackssache. Es geht auch nicht um Nostalgie oder eine „früher war alles besser“-Diskussion.

Gehen wir 20 Jahre in die Zukunft. Viele von uns sind dann alt und nicht mehr so gut zu Fuß. Unser soziales Umfeld ist begrenzter, die sozialen Kontakte nehmen ab, weil viele Freunde, Bekannte und Verwandte verstorben sind. Wollen wir dann wirklich 20km fahren, um ein echtes Brot zu kaufen? Geht es dann wirklich um Geiz ist ja soooo geil oder vielleicht um etwas ganz anders? Wollen wir uns dann wirklich mit einem Backautomaten unterhalten, kein Gegenüber mehr haben, der uns „sieht“ und als Mensch wahrnimmt, oder wollen wir doch, wie bei Familie Singer, freundlich begrüßt werden, mit Namen; Menschen treffen, die in der Hektik des Lebens einen Moment innehalten und füreinander Zeit haben und sich gegenseitig das Gefühl von Geborgenheit und Zugehörigkeit spüren lassen?

Noch haben wir die Gelegenheit, ein Stück dieser Lebens-Sicherheit und dieses Lebens-Sinns zu bewahren, indem wir uns dem Geiz ist geil Virus entziehen und dafür Sorge tragen, dass kleine Familienbäckereien, wie die von Familie Singer, überleben, denn es sind nicht „nur Bäckereien“ und sie verkaufen auch nicht nur Brot, sondern ein Stück Lebensqualität.

 

 

 

Seniorentag – LebensWERT im Alter

Poster„Menschen wollen nur zwei Dinge: Alt werden und dabei jung bleiben.“

Senioren sind verschieden

Wir kennen Sie alle, die rüstigen Senioren, die mit Wanderstöcken, Wohnmobil oder Bussen unterwegs sind und auch weite Reisen mit über 80 Jahren noch auf sich nehmen. Gesund und fit, so wünschen sich alle ihren Lebensabend, von niemandem abhängig und selbstständig. Heute lernte ich eine Frau mit 87 Jahren im Zug kennen. Sie war auf ihrer Heimfahrt vom Feldberg, wo sie Ski gelaufen ist. Wir tauschten uns rege aus über die Pisten, das Wetter, dies und das. Ihr Alter spielte keine Rolle – meines auch nicht. Auch meine Eltern waren mit über 80 Jahren noch gemeinsam auf Auslandsreise und ich kann mich gut erinnern: Essen und Ernährung war kein Thema, weder für diese Frau, noch für meine Eltern. Man isst, man trinkt, man lebt, lacht wie mit 60, 70 Jahren, macht sich wenig Sorgen und Gedanken über Nährstoffbedarfe, Gewicht und gesunde Ernährung, sondern isst wie man es gewohnt ist und es schmeckt. Alt und Senioren sind nur die Anderen.

Doch wie schnell ändern sich die Dinge. Heute ist meine Mutter Pflegestufe 3, lebt ein Leben im Rollstuhl und ist angewiesen auf die Hilfe meines Vaters, den Sozialdienst, auf die dauerhaft bei uns lebende polnische Pflegefachkraft und ihre Kinder. Ihnen beiden ein Leben zu Hause, in den eigenen vier Wänden so lange wie möglich zu ermöglichen und so angenehm wie möglich zu machen, das ist das Ziel, denn raus in die weite Welt, oder in die nächste Stadt, ins nächste Restaurant kommen sie nur noch selten. Und wie uns geht es vielen Familien und Senioren in diesem Land. Und wie bei uns sind Essen und Schwierigkeiten damit irgendwann, ganz plötzlich zentrale Themen der Senioren, wie ich es auch aus meiner ernährungstherapeutischen Beratungspraxis kenne.

Herr K. wünscht einen Beratungstermin. Seine Mutter (84J.), lebt noch zu Hause, doch nimmt sie einfach nicht genügend Nahrung zu sich. Sie verliert an Gewicht und er mache sich Sorgen um Ihre Gesundheit und Nährstoffversorgung. Ebenso sorgt sich Frau Z. Ihr Vater wird zwar durch Essen auf Rädern versorgt. Doch wenn Sie abends zu ihm geht, stellt sie fest, dass das Essen fast unberührt dasteht und er kaum etwas getrunken hat. Auch er hat in letzter Zeit stark an Gewicht verloren.
Frau S. hingegen sorgt sich hingegen, dass ihr Vater, der ebenfalls noch zu Hause lebt und von einer Rumänin liebevoll umsorgt wird, beim Essen so gar keine Grenze mehr findet. Er habe so sehr an Gewicht zugelegt, dass die Pflegefachkraft langsam Mühe hat, den Vater vom Rollstuhl auf den Treppenlift und von dort ins Bett zu bringen.
Eine weitere Klientin erkundigt sich für Ihren betagten Vater, weil sie wissen möchte, wie viel ein Senior trinken muss, denn sie habe das Gefühl, ihr Vater trinke so gut wie nichts mehr. Sie sieht dies in Zusammenhang mit den vielen Stürzen. Auch möchte er nur noch Weiches essen und lehnt ihr Gemüse ab.Frau P. klagt über die schlimme Verstopfung ihrer Mutter. Eine Pflegefachkraft über den plötzlichen Durchfall einer dementen Frau in ambulanter Betreuung, der mit Bauchweh einhergeht.

 

In der Ernährungstherapie geht es um das Wohl des Einzelnen

 

Was an dieser Stelle festgehalten werden kann ist, dass wenn das Thema „Essen“ im Alter zum Thema wird, es um viel mehr geht, als um Nährstoffbedarf und bloße Wissensvermittlung rund um gesunde Ernährung. Und diese Themen sind dann so verschieden, wie die Senioren selbst, die nur Eines gemeinsam haben, ihre Unterschiedlichkeit. Die eine richtige Seniorenernährung kann es folglich auch nicht geben, sondern nur einen je eigenen individuellen Weg auch bei Tisch in Gleichgewicht und Wohl zu bleiben.

Das bedeutet, dass sich professionelle Ernährungstherapie im Seniorenalter um mehr kümmert, als „gesunde Ernährung“ und sich gegebenenfalls auch an ganz verschiedene Menschen richtet: An die Senioren selbst, häufig sind die Ansprechpartner aber die Angehörigen oder Pflegekräfte. Und auch die Themen sind sehr verschieden. Manchmal handelt es sich um „Gewichtsthemen“ oder um „Themen rund um die Verdauung“, manchmal um Widerstände wie „ich will nicht“, „ich kann nicht“, manchmal um Phänomene wie Demenz und Emotionen wie Wut, Traurigkeit, depressive Verstimmungen, Umgang mit Allein sein, Trauer, Angst vor dem Sterben und Co., die sowohl die Betroffenen selbst, als auch die Angehörigen und Pflegenden an ihre Grenzen bringen.

 

Daher meine Bitte und die Bitte meiner Kollegen. Warten Sie nicht zu lange, bis Sie sich professionelle Unterstützung holen, damit sowohl ihre Senioren, als auch Sie selbst in ihrem Gleichgewicht bleiben, gerade wenn der Wunsch nach immerwährender Fitness, Gesundheit und Jugendlichkeit im Alter nicht erfüllt wird. Das Leben kann trotzdem erfüllt sein und wie sagte einst der französische Dichter Jean Baptiste Molière: «Wenn ich gut gegessen habe, ist meine Seele stark und unerschütterlich; daran kann auch der schwerste Schicksalsschlag nichts ändern.»   Jean Baptiste Molière (französischer Dichter)

 

Erster Schliengener Seniorentag

 

Damit sich ältere Menschen wohl fühlen, damit Sie so lange wie möglich zu Hause selbstständig leben können, braucht es neben guter Verpflegung aber auch das Wissen darum, was das Leben im Alter erleichtert: „Welcher Frisör macht Hausbesuche? Wer liefert Hygienebedarf nach Hause, wenn ich nicht mehr Auto fahren kann? Gibt es jemanden, der mir die Einkäufe tätigt? Was für Aktivitäten gibt es für Senioren? Wie kann ich Stürze vermeiden und worauf kommt es bei der Bewegung an? Wo sind Projekte in denen ich mitarbeiten kann? Gibt es sinnvolle Helfer für zuhause, die mir mein Leben erleichtern, wenn die Kraft nachlässt? Was ist eine Patientenverfügung? Gibt es bei uns am Ort auch Beratungsstellen für Angehörige? Wohin, wenn die Angehörigen an ihre Belastungsgrenzen kommen? Wer kümmert sich denn überhaupt um das Wohl älterer Menschen in unserer Region?“ All diese Fragen und noch viele mehr stellt sich jeder, der nicht mehr ganz so fit und gut zu Fuß ist und so beschlossen wir, der Verein Menschen und Menschen e.V. und die Praxis für Ernährungstherapie eine Veranstaltung zu organisieren, wo sich alle Anbieter von sinnvollen und nützlichen Produkten und Dienstleistungen für Senioren präsentieren können. Am 28. Februar ist es nach längerer Vorbereitungszeit nun soweit und wir freuen uns über viele Besucher unserer Senioren-Messe, die sowohl Vorträge, Aussteller und Mitmachaktionen bereithält und die Bürger-Broschüre „Seniorenwegweiser“ vorstellt mit allen wichtigen Adressen rund um´s älter werden und älter sein auf einen Blick.
Auch die Praxis wird mit einem Stand, einem Vortrag und einer Mitmachaktion vertreten sein. Ich freue mich über viele Besucher, Fragen und Begegnungen.

 

 

Was wir aktuell für Senioren oder Profis, die mit Senioren zu tun haben, anbieten:

 

  • Individuelle Ernährungstherapie (siehe unten)
    auch telefonisch oder Online, falls ein Besuch nicht möglich ist.
  • Webinare für Angehörige von Senioren mit Demenz https://prof-eat.edudip.com/w/99036
  • Am 28. Februar veranstalten wir einen Seniorentag mit vielen Angeboten (rechts)
  • Für Fachkräfte in der Altenpflege, Krankenpflege, Experten in der Geriatrie, Ernährungsfachkräfte bieten wir (Akademie für Beratung und Philosophie GbR) ab dem 16.4. eine Weiterbildung zum tiefenpsychologischen Berater an. beratungundphilosophie.de oder Link auf Broschüre

Adipositasbehandlung – was wirklich wirkt

Berlin_DAG_2015Ist es wirklich so, dass es auf ein „standardisiertes Programm“ ankommt? Geht es wirklich darum, dass ein Betroffener von möglichst vielen Experten betreut wird? Spielt es tatsächlich eine Rolle, dass Betroffenen möglichst detailliert die Empfehlungen einer „gesunden Ernährung“ erklärt werden?

Ich bin seit 25 Jahren im Bereich der Adipositasbehandlung tätig und eines bin ich mir gewiss: Wer nicht die Demut besitzt, Adipostias als ein ganzheitliches Phänomen zu betrachten (Mensch LAIBT und LEBT) und Essen als mehr zu begreifen, als gesunde Ernährung zu predigen, wer noch immer daran glaubt, dass es genügt, Pyramiden abkreuzen zu lassen, der wird mit all seinen Bemühungen um langfristige Gewichtsreduktion scheitern. Warum?

Der Mensch ist ein geschichtliches Wesen. Jede Adipositas ist nur zu verstehen, auf dem Hintergrund der jeweiligen Lebensgeschichte eines Betroffenen.

Der Mensch ist ein soziales und emotionales Wesen. Es gibt kein rein rationales Essen, keine rein rationale Nahrungsaufnahme. Essen ist immer auch ein soziales und emotionales Phänomen und somit nicht losgelöst vom jeweiligen Menschen zu verstehen.

Der Mensch ist ein Ziel orientiertes Wesen. Alles, was Mensch tut oder unterlässt, dient einem GUTEN Zweck. Wenn Menschen folglich sagen: „Das geht nicht“, dann haben sie RECHT! Man kann einem Menschen nicht per Zwang die guten Ziele wegnehmen. Man muss ihnen helfen, diese verborgenen Ziele, das Unbewusste des Verhaltens zu erkennen und zu verstehen. Somit sind alle Programme zum Scheitern verurteilt, die glauben, es liege an ungenügendem Wissen.

Der Mensch ist ein soziales Wesen und nur zu verstehen in Verbindung mit seinen MITmenschen. Mensch ist Mensch nur durch die Menschen, die ihn umgeben. Was hat Adipostias folglich mit Beziehungen zu Eltern, Geschwistern, zu Kollegen am Arbeitsplatz, zum Chef, zu Freunden, zum Arzt, zum Ernährungsberater zu tun? Ich würde mal sagen: SEHR VIEL! Doch diese Erkenntnisse sind nicht neu! Seit mehr als 100 Jahren wissen wir aus der Pädagogik, dass der Hauptwirkfaktor in Lehr-Lernsituationen die Mensch-Mensch Beziehung ist. Das gilt für die Lehrer-Schülerbeziehung, die Arzt-Patientenbeziehung, als auch für die Ernährungstherapeut-Patientenbeziehtun, für die Eltern-Kindbeziehung usw.

 

Und was für Konsequenzen können wir daraus für die Adipositasbehandlung ziehen?

Nur dort, wo Empathie, echtes Interesse am Gegenüber und echte Beziehungsarbeit zwischen Klient und Begleiter stattfindet, dort ist mit nachhaltigen Ergebnissen zu rechnen. Davon bin ich von ganzem Herzen überzeugt.

Und genau weil wir das so sehen, bieten wir

eine Qualifizierungsmaßnahme für Berater an, die mehr wollen als Wissen zu vermitteln

eine Zertifizierungsmaßnahme für Berater an, die den Dingen auf den Grund gehen wollen und tiefenpsychologische Ernährungsberater werden wollen.

bieten wir, d.h. alle prof.eat Berater eine andere Form der Ernährungstherapie an. Bei uns werden SIE ins Zentrum gestellt, bei uns bekommen Sie keine Ratschläge, Pläne oder allgemeingültige Empfehlungen, sondern werden ganz individuell von uns begleitet, bis SIE IHREN eigenen Weg in IHR Wohl und Gleichgewicht gefunden haben! Und das Beste für Sie: Unsere Leistungen sind von den Krankenkassen anerkannt und werden anteilig bezuschusst. Stellen Sie einfach einen entsprechenden Antrag. Gerne beraten wir Sie auch in dieser Angelegenheit.

Und sollten Sie unser wissenschaftliches Poster in Gänze lesen wollen, so klicken Sie auf unten stehendes Foto.

Berlin_DAG_2015

Und für Kollegen, die sich für unsere Qualifizierung und Zertifizierung interessieren, so sprechen Sie uns an! Noch sind für 2016 einige der wenigen Plätze zu vergeben.

 

Aldinativ-Preise und Aldinativ-Einkauf

was isst

Genau hinschauen. Heute möchte ich mit Ihnen mal auf unser Kaufverhalten blicken, denn der Einkauf entscheidet, was aus Schlaraffenland nach Hause getragen wird und von der Küche auf den Teller und von dort in uns hinein wandert. Es sollte uns also nicht gleichgültig sein, was als „Energie“ in uns hinein gerät, so dass nicht in jedem Fall der Preis für oder gegen einen Kauf allein entscheidend sein sollte, zumal wir Deutschen mit ca. 10% nicht gerade am Hungertuch nagen wenn wir die Ausgaben in % für Lebensmittel betrachten.

Jedermann scheint bei Aldi einzukaufen. Egal ob Aldi-Nord, oder Aldi-Süd, DER Lieblingsdiscounter jeglichen Alters, aller Bildungsstände scheint Aldi zu sein. Jeder kauft durchschnittlich pro Einkauf für 18.- Euro ein, doch ist der günstige Preis nur „gefühlt“ oder real? Und geht dieser Preis auf Kosten der Qualität?

Diesen Fragen ging Galileo nach. Hier ein paar der Recherche-Ergebnisse:

  • Der Preis eines klassischen Einkaufs war knapp die Hälfte billiger, als in Supermärkten
  • Passanten konnten keine qualitativen Unterschiede zwischen Marken und Aldiprodukten feststellen

Rein aus der Konsumentenperspektive ist Aldi offenbar unschlagbar im Preis.

Bedeutet das, dass wir gar nicht mehr um Aldi herumkommen, wenn wir auf den Preis achten müssen? Was Galileo weiterhin herausgefunden hat ist, dass

  • Identische Warenkörbe hatten auch identische Preise, wenn der Konsument ausschließlich zu den Eigenmarken und den weißen Niedrig-Preis Produkten greift. Dieser alternative Warenkorb wird auch Aldinative  genannt, denn Aldi ist dabei der Preismacher an dessen Preisen sich dann der Handel vollkommen anpasst.
    Das hat auch mich erstaunt.

Damit wir uns recht verstehen: Wer sein Toilettenpapier, seine Küchenrollen, seine Konserven bei Aldi kauft, der soll von den Verkaufsvorteilen von Aldi profitieren, doch als Ernährungstherapeutin habe ich bei einigen Produkten mehr als nur Bauchgrimmen, weil die Welt eben nicht nur aus Aldi und Discount-Preis besteht:

  1. Eier: Ich finde es unerträglich, wenn Eier zu einem Discount-Preis verkauft werden, die den Produzenten in ein Defizit treibt – sprich: Für jedes Ei, das er verkauft, legt er drauf. Doch nicht nur das: Solche Preise verhindern geradezu Produktionsbedingungen, die noch tiergemäß sind.
    Ich persönlich will keine Eier aus „Bodenhaltung“. Ich möchte meine Eier von Hühnern, die noch so gehalten werden, wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Daher unterstütze ich die regionalen Eiproduzenten und kaufe unsere Freiland-Eier nur beim Bauern und nur ultrafrisch ein. Das Tolle: Die Eier werden nach Hause geliefert – ohne Mehrpreis. Und mal ehrlich: Für 0,25 Euro pro Ei wird niemand wirklich arm.
  2. Brot: Ich persönlich liebe „gutes Brot“. Aufbackwaren sind für mich kein Brot, sondern eine geschmackliche Katastrophe. Ein günstiger Preis entschädigt nicht für das entgangene Geschmackserlebnis, so dass ich persönlich vollkommen darauf verzichte, mich vom Preis für Brot und Brötchen leiten zu lassen. Lieber ein gutes Brot, das satt macht und nur diejenigen Zutaten enthält, die es braucht, lieber ein wenig mehr bezahlen und wissen, was drin ist. Und nochmals: Werden wir wirklich reicher, wenn das Brötchen für 0,15 Euro zu bekommen ist und wir uns nicht mehr 1.70-2.50 Euro für ein wirklich schmackhaftes 500g Brot beim Traditionsbäcker um die Ecke leisten wollen? Rechnen wir diesen Betrag auf die Billig-Wecken um, dann ist nicht wirklich nennenswertes gespart…
  3. Fleisch/Wurst: Auch hier gilt meine Devise. Möchten wir morgen noch belebte Ortschaften haben, in denen noch traditionelles Handwerk betrieben wird, möchten wir morgen noch regional einkaufen und noch Landschaften haben auf denen Kühe grasen, wollen wir auch morgen noch die Sortenvielfalt und regionale Produzenten haben, möchten wir kein Billigfleisch essen, das um den ganzen Globus geflogen wird, nur um so billig wie möglich zu produzieren, möchten wir wissen, wie und unter welchen Bedingungen unsere Nutztiere gehalten werden,  so dürfen wir diese Produkte nicht nach dem Preis kaufen, sondern müssen mehr Aspekte berücksichtigen.Ich plädiere dafür: Lieber selten und exzellente Fleisch und Wurst-Qualität, als viel und billig produziertes Fleisch und eintönige, Einheitswurstwaren. Doch ich befürchte: Viele haben sich schon an die Qualität von Billig-Hackfleisch für 2.99 Euro und Einheits Lyoner und Saftschinken und Co. gewöhnt und daran, dass Fleisch auf dem Teller eher mit einer Schuhsohle zu vergleichen ist, als dass es einem guten Stück Steak ähnelt.  Ich bin mir sicher: Wer statt der durchschnittlichen 60kg/Jahr, also 164g / Tag nur einen einzigen Wochentag auf Fleisch und Wurst verzichten würde, dem würde nicht wirklich etwas Schlimmes widerfahren.  Aber es ließen sich nach Berechnungen des WWF in Deutschland dadurch 9 Mio. t an Treibhausgasemissionen eingesparen. Das entspricht dem CO2-Ausstoß von ca. 75 Mrd. km Fahrtstrecke mit dem PKW. Und ich bin mir sicher: Die Wertschätzung und Achtung gegenüber Fleisch und Wurst würde steigen, wenn nicht nur der Preis allein Kauf entscheidend wäre.

    Nein, wir müssen nicht Vegetarier werden, aber ein bisschen mehr Maß und weniger vom mehr und billig über alles, wäre bereits ein wichtiger Beitrag, dass wir auch morgen noch genügend Aldinativen haben.

Was ist Ihre Meinung? Gerne nehme ich diese in den Kommentaren entgegen.

Gute Appetit!

Sonja Mannhardt

 

 

 

Frohes Weihnachtsfest

Weihnachten 021Ich möchte mich bedanken! Bedanken bei meinen Klienten, dass Sie mir Ihr Vertrauen schenkten, dass ich sie ein Stück auf Ihrem je eigenen Weg zu Ihrem Wohl & Gleichgewicht begleiten durfte, danken für die gemeinsamen Beratungsstunden, für Vertraulichkeit und Emotioalität, für persönliche Geschichten – sprich dafür, dass ich von Ihnen und mit Ihnen lernen durfte, übers Mensch sein, über die Bedeutung von Essen bei der Bewältigung des Lebens und darüber, wie Menschen sich selbst helfen in großer Not…Essen und Nichtessen ist ein phantastisches Notfall-Medikament!

Ich möchte mich bedanken! Bedanken bei den vielen Kindern, die auch dieses Jahr wieder in die Praxis gekommen sind. Sie haben mir wieder die Augen geöffnet für die Sicht auf die Welt aus Kinderaugen. Für mich gibt es kein Essproblem mehr, welches isoliert ohne Betrachtung der Familien, der Eltern, der Geschwister, der Freunde, der eigenen Weltsicht zu verstehen ist.

Ich möchte mich bedanken! Bedanken bei den zahlreichen Ärzten, die mir auch in diesem Jahr viele Patienten zugewiesen haben, insbesondere „die schweren Fälle“, die sehr komplexen Fälle. Mir halfen diese Klienten selbst über mich und meine Grenzen hinauszuwachsen, mutig weiter zu gehen und gerade diese Menschen nicht alleine zu lassen, die bereits das Gefühl hatten von Gott und der Welt alleine gelassen zu werden. Gerade diesen Ärzten möchte ich danken, dass sie es wagten „abzugeben“ und mit vielen Augen und vielen Expertisen auf das Wohl gerade dieser Patienten zu blicken. Daraus entstanden wunderbare und enge Kooperationen für die ich sehr dankbar bin!

Ich möchte mich bedanken! Bedanken bei meinen vielen KollegInnen, die meine Seminare, die Supervisionen und die Akademie besuchten. Ohne Euch hätte ich dieses Jahr gewiss einige Male aufgeben wollen, denn nach wie vor sind wir auf unserem Gebiet eher die Ausnahme als die Regel. Gerade weil wir klientenzentriert arbeiten, weil es uns darum geht, dass Menschen nicht Wissen anhäufen, sondern verstehen, wird uns unsere Arbeit teilweise noch schwerer gemacht. Doch gemeinsam sind wir stärker und gemeinsam helfen wir uns gegenseitig zum Wohle unserer Patienten bei unserer Art zu beraten zu bleiben. Ich danke Euch für Euer dabeisein.

 

Ihnen und Ihren Liebsten wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest, besinnliche Festtage und die herzlichsten Wünsche für ein gesundes, gelingendes und gesegnets Neues Jahr.

Von Herzen

Sonja M. Mannhardt

Weihnachten_2015